Sprechstundenfrage

Eine Pulsuhr für den Sportunterricht

Ist eine Pulsuhr für ein am WPW-Syndrom erkranktes Kind eine sinnvolle Maßnahme, um die Herzfrequenz zu kontrollieren?

Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:

Es geht um unsere 6-jährige Tochter Charlotte. Sie ist am WPW-Syndrom erkrankt und kommt nun bald in die Schule. Derzeit sind wir auf der Suche nach einer Pulsuhr für Kinder. Die Pulsuhr ist ein Wunsch der Lehrer, und unser Kardiologe hat sie uns verordnet. Sie soll zur Kontrolle der Herzfrequenz und zur Unterstützung des Sportlehrers im Sportunterricht dienen. Weder der Kardiologe noch das Herzzentrum oder die Krankenkasse konnten uns ein Gerät empfehlen. Nun sind wir mit dieser Frage auf uns alleine gestellt und wissen nicht so recht weiter. Wir waren bereits in mehreren Sportgeschäften, auch in Sanitätshäusern haben wir nachgefragt. Bislang jedoch sind wir zu keinem Ergebnis gekommen. Offenbar gibt es nur Pulsuhren für Erwachsene. Für das kleine Handgelenk unserer Tochter aber sind sie zu groß. Ein Brustgurt erscheint nicht optimal, weil er im Alltag sicher stört. Erwähnt sei vorab, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass das Gerät lediglich eine Hilfe ist und ein Messergebnis nur als Richtwert gelten kann. Vor drei Jahren hatte Charlotte eine „Anfallswelle“. Daraufhin erfolgte eine Ablation, die leider erfolglos blieb. Mein Mann und ich finden die Idee der Pulsuhr sehr gut, der Gedanke beruhigt uns. Wir haben aber nicht vermutet, dass sich die Suche danach so schwierig gestaltet. Wissen Sie, ob es Pulsuhren speziell für Kinder gibt? Oder gibt es eine Alternative? (Miriam K.)

Expertenantwort:

Bei Ihrer Tochter besteht ein WPW-Syndrom, eine Herzrhythmusstörung, die offenbar bereits in der Vergangenheit zu Symptomen geführt hat, sonst hätte man wohl keinen Ablationsversuch unternommen. Nun fürchten Sie, dass bei sportlichen Aktivitäten, beispielsweise dem jetzt anstehenden Schulsport, erneut derartige Ereignisse auftreten. Die Idee des Sportlehrers, den Puls mit einer sogenannten Pulsuhr zu kontrollieren, ist zwar theoretisch nachvollziehbar, würde in der Praxis aber wenig hilfreich sein. Das Auftreten von Tachykardien (Herzrasen) ist beim WPW-Syndrom nicht an das Erreichen einer bestimmten hohen Herzfrequenz gekoppelt, die man mit einer Pulsuhr kontrollieren könnte. Oft treten die Anfälle von Herzrasen erst beim Abklingen der Belastung oder sogar erst danach auf. Während einer Tachykardie würde die Pulsuhr sehr wahrscheinlich gar keinen Wert anzeigen, da sie ihn nicht mehr erfassen könnte. Die Größe einer funktionsfähigen Pulsuhr ist sodann nicht von der Länge oder der Lochung des Armbands abhängig, sondern von dem elektronischen Sensorteil, der den Puls erfasst, für ein Kinderhandgelenk aber zu groß ist und deshalb nicht zuverlässig arbeitet.

Meines Erachtens ist es der bessere und für ihre Tochter zweifellos sicherere Weg, wenn sowohl Sie als Eltern als auch der Sportlehrer in einer geeigneten Einrichtung, etwa einer Kinderherzklinik, einen Wiederbelebungskurs besuchen würden, der speziell das Verhalten bei Herzrhythmusstörungen berücksichtigt. Dann können Sie Ihrer Tochter im Bedarfsfall effektiv helfen. Auch ein zertifizierter Kinderkardiologe sollte in der Lage sein, mit Ihnen – und eventuell gemeinsam mit dem Sportlehrer – die erforderlichen Handgriffe und Hilfsmaßnahmen einzuüben, die bei Tachykardien im Zusammenhang mit einem WPW-Syndrom besonders effektiv sind.

Experte

Prof. Dr. med. Herbert E. Ulmer
Prof. Ulmer
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