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Vorhofflimmern: Diagnose oft nur mit Langzeit-EKG

Anfallsartiges Vorhofflimmern wird manchmal erst durch Zufall entdeckt.

Aktualisiert: 27.03.2023

Ärztin macht bei Patient ein EKG, um Vorhofflimmern zu diagnostizieren
iStock/Tashi-Delek

In Deutschland leiden schätzungsweise 1,5 bis 2 Mio. Patienten an Vorhofflimmern – viele davon, ohne es zu wissen. Bei etwa 30 Prozent der von der Herzrhythmusstörung betroffenen Menschen verursacht die Erkrankung keine auffälligen oder belastenden Symptome. Nicht selten sind es erst die dramatischen Folgen – etwa ein Schlaganfall, die auf Vorhofflimmern aufmerksam machen. Es ist deshalb sehr wichtig, die Rhythmusstörung so früh wie möglich zu erkennen und zu behandeln – also nicht erst dann, wenn es bereits zu spät ist.

Puls messen bei Vorhofflimmern

Der Puls ist bei Vorhofflimmern unregelmäßig und meist beschleunigt. Das Herz schlägt dann in Ruhe oft mit über 100 Schlägen pro Minute. Das lässt sich durch eine einfache Messung am Handgelenk oder mit einem Blutdruckmessgerät überprüfen.

Anleitung Puls messen

Bild vom Puls messen
Pia Bublies

1. Herzschlag tasten

Setzen Sie sich 5 Min. ruhig hin. Legen Sie dann Zeige- und Mittelfinger knapp unterhalb des Daumens an den äußeren Rand des Handgelenks.
Grafik vom Puls messen
Pia Bublies

2. Zählen

30 Sek. Herzschläge zählen, Wert verdoppeln: Optimal sind dann 60-80 Schläge. Bei Unregelmäßigkeit: 1 Min. lang messen (Wert dann nicht verdoppeln).
Bild vom Puls messen
Pia Bublies

3. Aufpassen

Nicht den Daumen benutzen, um den Puls zu ertasten. Der Daumen hat seinen eigenen Puls, und der ist oft so stark, dass er andere Pulswellen übertönt.

Früherkennung mittels Screening

Als Maßnahme zur Früherkennung von Vorhofflimmern empfehlen die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie seit Kurzem ein sogenanntes opportunistisches Screening: Bei allen Patienten, bei denen aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters oder bestimmter Begleiterkrankungen – etwa Bluthochdruck – der Verdacht auf Vorhofflimmern besteht, sollte regelmäßig der Puls kontrolliert werden. Erweist sich der Puls als auffällig hoch oder unregelmäßig, folgt ein Elektrokardiogramm (EKG).

Grafik Vorhofflimmern

Diagnose per EKG

Eine sichere und eindeutige Diagnose von Vorhofflimmern ist nur mittels einer gut auswertbaren EKG-Aufzeichnung möglich. Der “Klassiker” ist hierbei nach wie vor die 12-Kanal-EKG-Aufzeichnung. In jüngster Zeit sind auch kleine, am Körper tragbare Systeme auf den Markt gekommen, die ein 1-Kanal-EKG aufzeichnen können, etwa moderne Smartwatches. Auch diese Aufzeichnungen können mitunter als Beweis von Vorhofflimmern dienen.

Im Ruhe-EKG zeigt sich Vorhofflimmern durch typische Abweichungen vom normalen Sinusrhythmus. Beim anfallsartigen Vorhofflimmern kann es sein, dass das EKG zur Zeit der Messung einen normalen Rhythmus anzeigt. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, ein 24-Stunden- oder länger dauerndes Langzeit-EKG anzufertigen. Liegen zwischen den Vorhofflimmernanfällen mehrere Tage, können unter die Haut implantierte „Ereignisrekorder“ die zeitliche Lücke schließen und längerfristig EKG-Daten aufnehmen und speichern – sogar über mehrere Jahre. Bei Patienten, die bereits einen Herzschrittmacher oder Defibrillator tragen, können diese Geräte bei entsprechender Programmierung ebenfalls als Ereignisrekorder zum Nachweis von Vorhofflimmern beitragen.

Infokasten: Wie zeichnet das EKG Vorhofflimmern auf?

Das Elektrokardiogramm (EKG) zeichnet die Summe der elektrischen Aktivitäten der Herzmuskelzellen auf, es ist gleichsam die individuelle Handschrift des Herzens. Für das EKG werden dem Patienten Elektroden auf den Körper geklebt. Die Elektroden registrieren die Spannungsveränderungen der elektrischen Aktivitäten und dokumentieren die Änderungen im Zeitverlauf. Das typische Oberflächen-EKG umfasst zwölf Ableitungen (sechs an Armen und Beinen, sechs an der Brust). Bei Vorhofflimmern ist eine bestimmte Erregungswelle, die „P-Welle“ (Vorhoferregung), durch kleine ungeordnete elektrische Signale (Flimmerwellen) ersetzt. Außerdem schwanken die Abstände der Erregung der Herzhauptkammern so stark, dass eine chaotische Herzschlagabfolge deutlich wird (absolute Arrhythmie).

Ersetzt das Smartphone-EKG das 12-Kanal-EKG?

Immer mehr kleine Computersysteme mit 1-Kanal-EKG-Applikationen, sogenannte “Wearables” (Smartwatches, Smartphones, Smartdevices etc.), kommen auf den Markt. Ein derart „Smartdevice-basiertes EKG ersetzt jedoch nur dann ein 12-Kanal EKG, wenn die Aufzeichnung über mindestens 30 Sekunden hinweg eindeutig Vorhofflimmern angezeigt hat. Die abschließende Befundung muss im Anschluss durch einen Arzt erfolgen. Geräte, die kein EKG, sondern nur den Puls aufzeichnen, müssen im Falle eines auffälligen Befunds durch eine herkömmliche EKG-Aufzeichnung ergänzt werden.

Übrigens: Wie die Messung per Smartwatch funktioniert und welche Smartwatch Vorhofflimmern erkennt, können Sie in unserem Artikel „Mit der Smartwatch Vorhofflimmern erkennen“ nachlesen.

Diagnose Vorhofflimmern: Ausführliche Anamnese notwendig

Ist Vorhofflimmern eindeutig diagnostiziert, folgen vom Arzt weitere Untersuchungen. Hier beginnt der Arzt zunächst die Krankengeschichte des Patienten zu erfragen. Während der anschließenden körperlichen Untersuchung hört er das Herz mit dem Stethoskop ab, was bereits auf eine eventuell vorliegende Herzerkrankung hinweisen kann. Eine Untersuchung des Herzens mit Ultraschall (Echokardiographie) lässt die Größe und die Funktion der Vorhöfe sowie eine möglicherweise eingeschränkte Leistung des Herzmuskels oder der Herzklappen erkennen. Auf Basis der Anamnese erfolgen dann zielgenaue weitere diagnostische Schritte, beispielsweise um einen Verdacht auf Schlafapnoe abzuklären.

Diagnose Vorhofflimmern: Was Sie der Arzt fragen wird

  • Wann traten erstmals Symptome auf?
  • Haben Sie schon eine Erkrankung des Herzens?
  • Liegen andere Erkrankungen vor?
  • Bestand kürzlich ein Infekt?
  • Ist bei Ihnen bereits ein Schlaganfall aufgetreten?
  • Sind Sie tagsüber sehr müde, bestehen nachts Atemaussetzer und/oder ein ungewöhnliches Schnarchen?
  • Haben Sie einen zu hohen Blutdruck. Wenn ja, wie lange?
  • Tritt Vorhofflimmern oder Bluthochdruck in Ihrer Familie häufig auf?

Diagnose Vorhofflimmern: Begleiterkrankungen einbeziehen

Bereits während der Erstdiagnose von Vorhofflimmern gilt es, Begleiterkrankungen zu identifizieren, die Vorhofflimmern begünstigen oder einer langfristig erfolgreichen Behandlung im Wege stehen. Da Bluthochdruck der häufigste Verursacher von Vorhofflimmern ist, muss dieser unbedingt rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt werden. Auch eine Herzschwäche ist eine häufige Begleiterkrankung von Vorhofflimmern und bedarf einer konsequenten Therapie – zumal sich Vorhofflimmern und Herzschwäche wechselseitig begünstigen. Weitere Co-Faktoren bei Vorhofflimmern, die es zu korrigieren gilt, sind: Fettstoffwechselstörungen, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und ein Schlafapnoe-Syndrom. Eine Labordiagnostik kann darüber hinaus Aufschluss geben, ob etwa eine Überfunktion der Schilddrüse, Blutarmut, Infektionen oder veränderte Blutsalze (Elektrolyte) als Ursache in Frage kommen.

Diagnose Vorhofflimmern – und jetzt?

Steht die Diagnose Vorhofflimmern, gilt es, die passende Behandlung zu finden. Ob eine medikamentöse Behandlung des Vorhofflimmerns in Frage kommt oder eventuell eine Katheterablation, sollten Sie in einem ausführlichen Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt klären. Alle Behandlungsmaßen bei Vorhofflimmern im Überblick.

Experte

Prof. Dr. Thomas Klingenheben
Bild von Prof. Klingenheben

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Mehr erfahren

  1. Insbesondere wenn Vorhofflimmern nur gelegentlich auftritt, kann eine Smartwatch bei der Diagnose der Herzrhythmusstörung unterstützen.
  2. Erfahren Sie hier, welche Symptome bei Vorhofflimmern auftreten können und wer auch ohne Beschwerden regelmäßig den Puls fühlen sollte.
  3. Um Vorhofflimmern dauerhaft zu unterdrücken, ist es wichtig, die Ursachen zu kennen und konsequent zu behandeln.
4 Kommentare
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Vanessa G. Arnhem

Hallo,

ich habe seid März jeden Tag Herzstolpern, Phasenweise schlimmer, Phasenweise weniger schlimm. Teilweise hält es den ganzen Tag über an mit unterbrechungen (also nicht nur kurze phasen am Tag).

Es wurden 4 Langzeit EKG´s gemacht, Herzstoplern wurde erfasst aber als harmlos beurteilt (2%). Zu hause benutze ich eine EKG App die mir aber schon 4-5 mal verdacht auf Vorhofflimmern angezeigt hat. Selbst gemessen habe ich dann auch wenn es extremer war, teilweise auch 5 minuten anhaltend (wo dann eben Reports im roten Bereich rauskamen). Die Uni Klinik hat mir aber trotz erwähnung von Schwindel hin und wieder kein Angebot gemacht einen Event Recorder zu benutzen oder dies erwähnt. Es liegt kein Stress vor, Herzstolpern oft in Ruhephasen. Phasenweise kein Koffeein, Kalium einnahme und alles andere was man sonst so empfiehlt bei Herzstolpern hat nichts gebracht.

Das Krankenhaus hat bei einer Freundin von mir (Herzrasen) ein Event Recorder fpr 2-3 Monate ausgehändigt. Bei mir wurde dies nicht einmal erwähnt, das sowas existiert und man hat Betablocker empfohlen auf niedrig Dosis (aber der Arztbrief erwähnt auch, dass dies eher zögerlich zum einsatz kommen soll, da ich sehr jung bin). Das wars. Es gab keine weiteren empfehlungen, was man noch machen kann, daher habe ich nicht das Gefühl, dass das Krnakenhaus sorgfältig eine Diagnose gestellt hat, da mir der Event Recorder nicht erwähnt wurde und ich das über zufall gehört habe, dass es in einigen Fällen zur besseren Diagnose genutzt wird. Vor allem, habe ich dem Krankenhaus die EKG selbstaufnahmen im roten Bereich geschickt (98% Genauigkeit).

Was denken Sie, sollte das Krankenhaus dann nicht doch ein Längeres EKG mit Event Recorder vornehmen?

Mir wurde Sport empfohlen, was quatsch ist, ich mache seid Januar 2-3 die Woche Ausdauerport, Wandere und fahre fast jeden Tag 30 min mit dem Fahrad zu Uni.

Vielen herzlichen Dank,

mfg.

Vanessa

Axel Sorge Bielefeld

Sehr geehrter Herr Dr. Gotte,

mein Kardiologe möchte mir eine Ablation "nahelegen", da ich jetzt in in diesem Jahr schon das 5. Mal VHF hatte und letztens sogar über 4 Tage lang -
das eingenommene Flecainid Puren half nicht mehr.
Habe aber gelesen, das ein neues Medikament zur schnellen Unterbindung des VHF erprobt wird (Uniklinik Heidelberg - Prof. Constanze Schmidt), welches die "TASK-1-Kaliumkanäle" beeinflußt.
Können Sie mir mitteilen, wie der Stand der Dinge diesbezüglich ist?
Außerdem interessiert mich: welche Diagnostikart ist hilfreich dafür, so genau der mögliche Herd in der Vorhofkammer dieser ExtraSystolen "erzeugt" werden?

Herzlichen Dank im voraus
Axel Sorge, Bielefeld

Ullrich Zanelli Edermünde

Guten Abend Herr Prof. Dr. Götte,

kürzlich wurde während einer Routineuntersuchung bei mir Vorhofflimmern diagnostiziert. Da ich schon seit einigen Jahren unter unbehandelten Herzrhythmusstörungen (Aussetzer / Extrasystolen) leide, habe ich diesem neuen Geschehen weiter keine Bedeutung beigemessen; obwohl ich zunehmend bei Belastung Atemnot verspüre und habe das mir mit meinem Alter (75 Jahre) erklärt - ich betreibe hobbymäßigen Rennradsport. Bei meinem gestrigen Besuch im Herzzentrum Kassel hat man mir die Durchführung einer Elektroschocktherapie unter Narkose mit Schluckecho empfohlen mit dem gleichzeitigen Hinweis, dass aufgrund der Dauer des Vorhofflimmerns , keine dauerhafte Korrektur des Herzschlages erfolgen wird.
Meine Frage lautet daher: Ist es überhaupt sinnvoll eine derart belastende Behandlung durchzuführen deren Wirkung nur von kurzer Dauer ist? Ich nehme zur Zeit täglich den Blutverdünner (20 mg Xarelto) zwecks Schlaganfallprofilaxe? Vielen Dank für Ihre Antwort!

Mit freundlichen Grüßen

Ullrich Zanelli

Deutsche Herzstiftung

Sehr geehrter Herr Zanelli,

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Nutzen Sie für Ihre Frage das >Formular oder schreiben an: sprechstunde@herzstiftung.de. An dieser Stelle können unsere Herzexperten keine Fragen beantworten. 

Alles Gute und herzliche Grüße! 
Ihre Deutsche Herzstiftung