Sprechstundenfrage

Was tun gegen "Herzangst"?

Manche Menschen fürchten sich vor Herzerkrankungen ohne erkennbare Begründung. Was dahinterstecken kann, lesen Sie hier.

Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:

Ich bin 18 Jahre alt und habe Sorge, einen „plötzlichen Herztod“ zu erleiden. Mein Ruhepuls im Sitzen ist zurzeit immer zwischen 90 und 100 pro Minute, im Liegen zwischen 60 und 80 pro Minute. Bei der kleinsten Anstrengung, zum Beispiel Treppenhochlaufen, rast mein Herz richtig mit 120 bis 130 Schlägen pro Minute. Ich bewege mich nicht viel. Ich sitze acht Stunden täglich am Schreibtisch und gehe nur mal zur Toilette oder in die Küche. Kürzlich war ich bei einem Kardiologen. Herzecho, Belastungs- sowie Langzeit-EKG waren ohne Befund. Kann mir was passieren? Ich habe Angst und Sorge, dass mein Herz stehen bleibt. Ist der hohe Puls gefährlich? (Tobias I., Nürnberg)

Expertenantwort:

Sie machen sich Gedanken über die aus Ihrer Sicht ungewöhnliche Höhe Ihrer Pulsfrequenz in Ruhe und unter Belastung. Dazu ist zunächst zu sagen, dass die von Ihnen angegebenen Werte nicht von vorneherein als „krankhaft“, sondern höchstens als „grenzwertig normal“ zu bewerten sind. Dies gilt umso mehr, als Sie nach eigenen Angaben in Ihrem Alltag körperlich wenig aktiv sind. Meines Erachtens weisen daher die von Ihnen genannten Pulsfrequenzen am ehesten auf einen sogenannten Trainingsmangel hin.
Heute leiden nicht wenige Menschen unter der Sorge, unerkannte, bedeutsame Probleme mit dem Herzen zu haben beziehungsweise zu bekommen, auch wenn sich dafür kein objektiv nachvollziehbarer Grund finden lässt. Dies wird als „Herzangst“ beziehungsweise „Kardiophobie“ bezeichnet. In vielen Fällen liegen psychisch traumatisierende Erlebnisse, meist in der näheren Umgebung des Betroffenen, zugrunde. Für Hilfe in derartigen Situationen sind weniger Kardiologen als sogenannte psychosomatisch orientierte Ärztinnen und Ärzte zuständig. Meines Erachtens könnten Sie selbst, vor allem unter Berücksichtigung Ihres jungen Alters, Ihren Sorgen im Alltag mit vergleichsweise geringem Aufwand entgegentreten. So wären in Ihrem Fall regelmäßige körperliche Aktivitäten wie Fahrradfahren, Schwimmen oder Walken wahrscheinlich schon nach relativ kurzer Zeit sehr hilfreich – wenn auch erst einmal nicht allzu bequem. Außerdem rate ich Ihnen zum Verzicht auf bestimmte Genussmittel wie zum Beispiel viel Kaffee, Zigaretten oder hochkalorische Energydrinks. Erfahrungsgemäß lässt sich so etwas gemeinsam mit einem Freund oder einer Freundin nicht nur wirksamer umsetzen als alleine, sondern es kann dann sogar Spaß machen und dabei helfen, Ängste abzubauen.
 

Experte

Prof. Dr. med. Herbert E. Ulmer
Prof. Ulmer