Sprechstundenfrage

Herzschwäche nach Herzinfarkt: „Nehme ich die richtigen Medikamente ein?”

Jedes Jahr wenden sich meh­re­re Tau­send Men­schen mit Fra­gen zu ihrer Herz­krank­heit an die Herz­stif­tungs-Sprech­stun­de. Nicht selten fallen dabei Medikamenten-Einnahmen auf, die zu unnötigen Verschlechterungen der Herzkrankheit führen können, wie etwa bei dieser Anfrage zum Thema Herzschwäche und Herzinfarkt.

Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:

Nach einem schweren Herzinfarkt vor 24 Jahren bin ich zweimal mit Stents behandelt worden. Bei der letzten Kontrolle Anfang dieses Jahres hat der Kardiologe mir mitgeteilt, dass meine Auswurffraktion (Ejektionsfraktion) nur noch 38 % beträgt. Mit dieser Aussage bin ich (70 Jahre alt) zum ersten Mal konfrontiert worden. Bei jeder Steigung (z. B. Treppe oder im Gelände draußen) leide ich rasch an Atemnot.

Meine Frage: Was empfehlen die Experten der Deutschen Herzstiftung in diesem Fall? Ist eine Defi-Weste, über die in der letzten Ausgabe von HERZ HEUTE berichtet wurde, bei mir schon erforderlich oder sinnvoll? Im letzten Jahr ist zum ersten Mal Bluthochdruck bei mir aufgetreten. Den hat mein Internist inzwischen durch Candecor (ein Präparat, das ein Sartan mit einem Diuretikum verbindet) gut in den Griff bekommen. Jahrelang hatte ich ein Statin eingenommen, habe es aber nach einem Gespräch mit meinem Internisten vorletztes Jahr abgesetzt. (Hubert R., Quedlinburg)

Experten-Antwort:

Offensichtlich leiden Sie nach einem länger zurückliegenden Herzinfarkt an einer Herzschwäche, was sich an der verringerten Auswurffraktion Ihres Herzens von 38 % ablesen lässt und wozu Ihre Atemnot bei geringen Belastungen passt (= typisches Symptom einer Herzschwäche).

Hintergrund-Information: Der Wert von 38 % besagt, dass bei jedem Herzschlag nur noch 38 % des Blutes Ihrer linken Herzkammer in die Hauptschlagader weitergepumpt werden. Normal sind 60 bis 70 %, d. h. auch bei einem gesunden Menschen entleert sich die Herzkammer also nie vollständig, sondern es verbleibt immer ein Rest von 30 bis 40 % in der Kammer.

Ihre auf 38 % verminderte Auswurffraktion stellt somit eine Verringerung auf fast die Hälfte dar, was als mittelgradig eingeschränkte Pumpleistung einzustufen ist. In diesem Stadium ist ohne zusätzliche Gründe noch keine Defi-Weste oder Implantation eines Defibrillators zu empfehlen, wie dies bei einer höhergradigen Herzschwäche oft sinnvoll ist, um sich vor gefährlichen Rhythmusstörungen wie etwa Kammerflimmern zu schützen. Sicherlich zu empfehlen ist aber die Durchführung eines Langzeit-EKGs, um eventuelle Rhythmusstörungen zu erkennen, die unabhängig von der Herzschwäche eine Indikation für einen Defibrillator darstellen, falls ein solches Langzeit-EKG bei Ihnen noch nicht durchgeführt wurde.

Herzschwäche: Diese Medikamente sind wichtig

Darüber hinaus ist es aufgrund der festgestellten Herzschwäche sehr wichtig, Ihre medikamentöse Therapie zu erweitern: Soweit keine Kontraindikationen bestehen, sollten Sie neben dem von Ihnen angegebenen Candecor unbedingt auch einen Betablocker einnehmen, insbesondere wenn der Puls deutlich über 60 Schläge pro Minute beträgt. Denn Betablocker, die ein Standardmedikament bei einer Herzschwäche darstellen, vermindern bei Betroffenen die Sterblichkeit und die Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten. Außerdem verbessert sich dadurch im Laufe der Zeit die Auswurffraktion des Herzens wieder, was in vielen Fällen die körperliche Leistungsfähigkeit erhöht, sodass z. B. beim Treppensteigen nicht mehr so schnell Atemnot auftritt.

Aus Ihren Angaben lässt sich nicht entnehmen, warum Ihre Statin-Therapie abgebrochen wurde. Falls zwischenzeitlich keine zwingenden Gründe gegen eine Statin-Einnahme aufgetreten sind, sollte diese Medikation fortgeführt werden, um den LDL-Cholesterin-Wert möglichst unter 70 mg/dl zu senken. Denn dadurch verringert sich sehr deutlich das Risiko für einen erneuten Herzinfarkt oder auch Schlaganfall. Falls Ihr LDL-Ausgangswert bereits unter 70 mg/dl lag, sollte aufgrund der Vorteile, die Statine wahrscheinlich unabhängig von der Cholesterin-Senkung haben, zumindest sehr intensiv über die Einnahme eines Statins nachgedacht werden. Für den Fall, dass die Statin-Therapie wegen Nebenwirkungen wie etwa Muskelbeschwerden abgebrochen wurde, möchte ich Ihnen den Tipp weitergeben, in Absprache mit Ihrem Arzt andere Statine auszuprobieren. Auf diese Weise lassen sich solche Nebenwirkungen oft sehr einfach in den Griff bekommen.

Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über ASS

Ein weiteres wichtiges Medikament, das ich in Ihrer Frage nicht gesehen habe, ist ASS, das die Bildung von Blutgerinnseln hemmt und somit die Gefahr für einen Herzinfarkt deutlich herabsetzen kann. Normalerweise ist ASS bei einer koronaren Herzkrankheit, also derjenigen Grunderkrankung des Herzens, die fast jedem Herzinfarkt zugrundeliegt, immer zu empfehlen. Falls Sie ASS tatsächlich nicht einnehmen, sollten Sie darüber mit Ihrem Arzt sprechen.

Fazit:

Ihr Herzschwäche-Stadium stellt pauschal keine Indikation für eine Defi-Weste oder die Implantation eines Defibrillators dar. Um unnötige Verschlechterungen Ihrer Herzerkrankung zu vermeiden, sollten Sie aber unbedingt mit Ihrem Arzt über die erwähnten Medikamente sprechen.

Experte

Prof. Dr. med. Johann Bauersachs
Portrait von Prof. Johann Bauersachs

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