Sprechstundenfrage

Klappenersatz bei Kleinkind: Welche Möglichkeiten gibt es?

Erfahren Sie, welche verschiedenen Möglichkeiten des Herzklappenersatzes bei Kleinkindern es gibt und was die Vor- und Nachteile sind.

Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:

Unsere sieben Monate alte Tochter ist mit einer Pulmonalatresie mit VSD (ausschließlich ductusabhängige Lungenperfusion, keine MAPCA) geboren. Im Alter von knapp drei Wochen erhielt sie zunächst eine Shunt-Anastomose (modifizierter BT-Shunt), welche ihr in den Folgewochen immense Probleme bereitete (unter anderem akuter Shuntverschluss mit Reanimationspflichtigkeit, sofortigem ECMO-Angang und Shuntrevision, weitere Folgeoperationen aufgrund Vernarbungen und Engstellen im Shunt). Im Alter von drei Monaten konnte sie dann korrigiert werden: Eröffnung und Patcherweiterung des RVOT und Verbindung mit dem Pulmonalstamm (REV-Manöver), VSD-Verschluss. Sie hat jedoch noch keine Pulmonalklappe erhalten. Meine Frage nun: Sollte ein Klappenersatz bei ihr kurz- oder mittelfristig erforderlich werden, welche Möglichkeiten gibt es bei so kleinen Kindern? Steht hierfür bislang nur die Contegra-Klappe zur Verfügung? Würde das bedeuten, dass man dann ihren Pulmonalstamm wieder vom RVOT abtrennt und durch das Conduit ersetzt – was ja mit dem erheblichen Nachteil verbunden wäre, dass das Conduit im Gegensatz zu ihrem eigenen Gefäß nicht mitwachsen und verkalken würde und nach wenigen Jahren wiederum (am offenen Herzen) ausgetauscht werden müsste? Aufgrund ihrer Vorgeschichte (die sie zum Erstaunen aller sehr gut verkraftet hat) möchten wir unserer Tochter natürlich möglichst wenige Folge-OPs zumuten. Gibt es laufende oder geplante Studien? (Leon G., Landshut)

Expertenantwort:

Wann ein Klappenersatz erforderlich wird, hängt im Wesentlichen von der Funktion der rechten Herzkammer ab, davon wie gut diese die Volumenbelastung des zurückfließenden Blutes toleriert. Das kann durchaus mehrere Jahre gut funktionieren, bei manchen Kindern ist jedoch schon nach ein paar Monaten ein Klappenersatz erforderlich. Ihr betreuender Kinderkardiologe wird anhand von Ultraschalluntersuchungen die rechte Herzkammer beurteilen und bei einer zunehmenden Erweiterung der rechten Herzkammer zur Operation raten. Als Klappenersatz für Säuglinge und Kleinkinder steht nur die aus einer Rindervene gewonnene Contegra-Klappe zur Verfügung. Ab ca. dem Vorschulalter ist ein Klappenersatz mit einem Homograft möglich. Dabei handelt es sich um eine menschliche Klappe, die von einer Gewebebank bezogen wird. Auch diese Klappe muss nach mehreren Jahren ausgetauscht werden. Diese Eingriffe müssen zwar mit Herz-Lungen-Maschine erfolgen, können aber am schlagenden Herzen ausgeführt werden. Sie sind für die Kinder weniger belastend als die zuvor erfolgte Korrekturoperation. Ab dem Jugendalter können in diese Klappen mittels Katheterverfahren ohne Eröffnung des Brustkorbs expandierbare Klappen eingesetzt werden, die sogenannten Melody-Klappen. In Erprobung sind derzeit zellfreie Allotransplantate (zellfreie menschliche Klappengerüste), die kaum zu Verkalkungen oder degenerativen Veränderungen neigen. Herzklappen, die mittels Tissue Engineering mit Zellen besiedelt wurden, sind noch nicht als Routineverfahren etabliert.

Experte

Prof. Dr. Dr. h.c Christian Schlensak
Portrait von Prof. Christian Schlensak
Frau schaut auf Ihr Handy und bekommt eine Nachricht
oatawa - stock.adobe.com

Stets aktuell informiert mit dem Herzstiftungs-Newsletter

Melden Sie sich jetzt an und erhalten Sie monatlich spannende und nützliche Einblicke in die Herzmedizin und in praxisrelevante Studien.