Interview

Leben mit dem Coronavirus: Wie komme ich als Herzpatient durch den Winter?

Was Sie jetzt über Corona wissen sollten: ein Gespräch mit Prof. Dr. Thomas Voigtländer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Herzstiftung.

Portrait von Prof. Voigtländer
HERZ heute: Herr Professor Voigtländer, das Coronavirus bedroht nach wie vor die Menschen, im Herbst und Winter kommt es vermehrt zu Infekten mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit und die Grippesaison nimmt Fahrt auf. Müssen herzkranke Menschen jetzt in ständiger Angst leben?

Prof. Thomas Voigtländer: Nein. Die Erfahrungen der vergangenen Monate mit dem Coronavirus zeigen uns, dass eine Herzkrankheit nicht automatisch ein besonders ausgeprägter Risikofaktor ist. Es sei denn, es liegt eine massive Herzschwäche vor, dann kann es gefährlich werden. Ansonsten müssen sich vor allem ältere Menschen schützen, ab 60, 65 Jahren, da deren Immunsystem sich schlechter gegen das Virus wehren kann. Dies gilt aber auch für Ältere ohne Herzkrankheiten. Der Alterungsprozess des Körpers macht eben leider auch vor dem Immunsystem nicht halt.

Person, die sich die Hände wäscht
© Photo by Irina Ba on Unsplash

Maßnahmen als Schutz vor Corona

HERZ heute: Sorglos sollte man als Herzkranker aber nicht sein?

Prof. Thomas Voigtländer: Auf keinen Fall, die bekannten Maßnahmen wie häufiges Händewaschen, Masketragen und Abstandhalten sollten auf jeden Fall eingehalten werden! Auch Reisen in Risikogebiete sind nicht empfehlenswert. Das Ziel muss gerade für herzkranke Menschen sein, eine Ansteckung mit dem Coronavirus zu vermeiden. Im Herbst und Winter kommt die Gefahr einer Grippeerkrankung hinzu, das Influenzavirus verbreitet sich dann besonders intensiv. Deshalb sollte man unbedingt an der Grippeschutzimpfung teilnehmen. Das Influenzavirus fordert jedes Jahr viele Todesopfer, insbesondere wiederum unter alten Menschen. Wer an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leidet, sollte sich auf jeden Fall impfen lassen.

HERZ heute: Ist es zu empfehlen, sich zusätzlich gegen Pneumokokken impfen zu lassen, die Haupterreger der bakteriellen Lungenentzündung?

Prof. Thomas Voigtländer: Auch das ist sinnvoll. Die Impfung wird empfohlen ab einem Alter von 60 Jahren, aber auch Jüngeren, wenn ein besonderes Gesundheitsrisiko besteht, etwa eine chronische Lungenerkrankung. Im Fall einer Herzschwäche rate ich auch unbedingt dazu. Für Herzkranke muss es immer darum gehen, unnötige und zusätzliche Risiken zu minimieren.

HERZ heute: Die meisten Menschen fangen sich in der kalten Jahreszeit mindestens einmal einen Schnupfen oder Husten ein. Wie unterscheide ich denn, ob mein Husten und Schnupfen nur ein einfacher Infekt sind oder ob mich das Coronavirus erwischt hat?

Prof. Thomas Voigtländer: Da gibt es keine andere Möglichkeit, als einen Corona-Test machen zu lassen. Die Symptome des Coronavirus und etwa des Influenzavirus ähneln sich sehr. Heute wissen wir, dass das Coronavirus nicht nur Husten und Fieber verursachen kann, sondern auch einen ausgeprägten Schnupfen und Kopfschmerzen wie bei vielen Erkältungsinfekten. Weder ein Patient noch ein Arzt kann im Einzelfall sagen, welches Symptom von welchem Virus kommt.

Infektion vorbeugen

HERZ heute: Nun möchte man natürlich am liebsten gar keine Infekte bekommen. Was tue ich am besten, um mein Immunsystem zu stärken und mich so gut wie möglich zu schützen?

Prof. Thomas Voigtländer: Entscheidend ist ein gesunder Lebensstil. Dazu gehört vor allem Bewegung. Ausdauersport – mindestens dreimal die Woche, je nachdem, wie belastbar man ist, etwa eine Stunde walken oder 30 Minuten joggen. Wer das nicht kann, der macht etwas anderes. Jede Bewegung ist besser als keine Bewegung.

HERZ heute: Welche Rolle spielt die Ernährung?

Prof. Thomas Voigtländer: Eine gesunde Ernährung ist ebenfalls sehr wichtig – und nach Möglichkeit sollte man kein Übergewicht haben. Alles was insgesamt für die Herzgesundheit gut ist, stärkt auch die Abwehrkräfte des Körpers und unterstützt das Immunsystem.

HERZ heute: Was halten Sie von Nahrungsergänzungsmitteln, die in Apotheken und Supermärkten angeboten werden, etwa Vitaminpräparate?

Prof. Thomas Voigtländer: Zur Vorbeugung ist eine ausgewogene Ernährung entscheidend und – von seltenen Ausnahmen abgesehen – vollkommen ausreichend. Wenn ein Virus einen erwischt hat, kann er mit Nahrungsergänzungsmitteln auch nicht bekämpft werden.

Bild von einer Spritze. Wann kommt der Corona Impfstoff?
© Arek Socha auf Pixabay

Blick in die Zukunft

HERZ heute: Ab wann rechnen Sie mit einem Impfstoff gegen das Coronavirus?

Prof. Thomas Voigtländer: Ich bin optimistisch und hoffe, dass im ersten Quartal 2021 ein Impfstoff zumindest für Menschen mit hohem Risiko bereitgestellt werden kann. Und im Laufe des Jahres könnten die Impfungen dann immer mehr ausgedehnt  werden.

HERZ heute: Machen Sie persönlich etwas Besonderes, um gesund durch den Winter zu kommen?

Prof. Thomas Voigtländer: Ich pflege einen gesunden Lebensstil. Viel Sport ist mir ein persönliches Anliegen. Und ich dusche jeden Tag warm-kalt, das ist für mich wie ein Mini-Saunagang. Mir tut das gut, inwieweit das allerdings ganz konkret der Gesundheit hilft, lässt sich nicht sagen.

Die Fragen stellte Joachim Mohr

Experte

Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer
Portrait von Prof. Voigtländer

Mitglied werden

Gruppe von Menschen
  • Sie können unsere Ratgeber direkt online lesen
  • Sie erhalten unsere Zeitschrift im Abo nach Hause
  • Sie unterstützen aktiv die patientennahe Herzforschung
  • Sie werden zu informativen Veranstaltungen eingeladen

Nutzen Sie die Vorteile einer Mitgliedschaft

Das Interview ist ein Auszug unserer Zeitschrift „HERZ heute“, die Mitglieder kostenfrei erhalten. Profitieren Sie als Mitglied von vielen Vorteilen – und das für nur 36 Euro pro Jahr!

Unsere Empfehlungen

HERZ heute mock-up
Die besondere Zeitschrift zu Herzerkrankungen. Bestellen Sie sich jetzt Ihr Probeexemplar.
  1. Was Sie jetzt über COVID-19 wissen müssen – und wie sie sich am besten vor SARS-CoV-2 schützen.
  2. Überblick

    Coronavirus

    Die Deutsche Herzstiftung hat alle wichtigen Informationen zur Corona-Pandemie für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammengestellt.
  3. Coronavirus und Herzkrankheiten – Herzstiftung fördert 14 Forschungsprojekte mit insgesamt 1 Million Euro. Alle Projekte im Überblick.
Frau schaut auf Ihr Handy und bekommt eine Nachricht
oatawa - stock.adobe.com

Stets aktuell informiert mit dem Herzstiftungs-Newsletter

Melden Sie sich jetzt an und erhalten Sie monatlich spannende und nützliche Einblicke in die Herzmedizin und in praxisrelevante Studien.